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BLOG vom: 06.01.2020

Bewegung hält uns gesund und man lebt länger

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim

 


Wandern ist gesund (Abstieg vom Belchen, Foto Heinz Scholz)
 

„Wer länger sitzt, ist früher tot“ und „Vier von fünf Jugendlichen bewegen sich zu wenig“ waren Schlagzeilen der vergangenen Wochen. Es gab auch eine gute Schlagzeile unter www.vayamo.ch, nämlich diese: „Ab in die Berge: Darum ist Wandern gesund“.

Betrachten wir einmal diese Behauptungen näher.

Was langes Sitzen bewirkt
Es gibt neue Untersuchungen und solche, die schon länger zurückliegen. So stellten Wissenschaftler in den 50er Jahren fest, dass Londoner Busfahrer, die berufsbedingt viel sitzen, ein doppelt so hohes Herzinfarktrisiko hatten. Die Sitzenden wurden mit Kollegen, die sich bewegen, verglichen.
2011 wurde eine Metastudie der Universitäten Loughborough und Leicester anhand von 800 000 Fällen publiziert. Danach litten die Sitzenden häufiger an Herzkreislauf-Erkrankungen als Menschen mit „bewegten“ Berufen (www.zeit.de).

Bis heute haben sich die Schreibtischjobs erhöht. Da sitzen viele Menschen oft 7 und mehr Stunden an den Tischen und bewegen sich kaum.
Dazu eigene Erfahrungen: In meinem Laborjob sass ich öfters längere Zeit an den Gerätetischen für die Analytik oder am Schreibtisch, wenn der Computer bedient wurde. Das passierte auch meinen Kolleginnen und Kollegen. Zum Glück konnten wir ab und zu herumlaufen oder andere Abteilungen aufsuchen. In der Mittagszeit vertraten wir unsere Beine nach dem Essen etwa 15 Minuten in der Umgebung der Firma.

Es gibt jedoch Firmen, die „Walkstationen“ anbieten. Man kann auch die Sitzposition verlassen und anderweitig die Arbeit verrichten. So wurde unter www.zeit.de eine Mitarbeiterin der Finanz- und Anlageberatungsfirma Motley Fool stehend am Schreibtisch gezeigt. Sie war mit einer „Walkstation“ per Kabel verbunden. Damit ist Tippen mit Laufschritt möglich (PC-Arbeitsplatz mit Laufband).

Das Sitzen geht für viele Menschen am Abend weiter. So sitzen viele auf dem Sofa, erholen sich von der Arbeit und sehen fern.

Das lange Sitzen bewirkt dies: die Beinmuskeln werden träge, Enzyme, die Fett verbrennen, reduzieren sich, der Blutzuckerwert steigt und das „gute“ Cholesterin wird erniedrigt. Man kann es kaum glauben: Man verbrennt nur 1 Kalorie pro Minute. Dazu kommt noch, dass fett- und zuckerreiche Nahrungsmittel gefuttert und das eine oder andere alkoholische Getränk getrunken wird. In der Regel haben Vielsitzer und Falschesser mit einer Zunahme des Körpergewichts zu rechnen.

Das Dauersitzen bewirkt auch eine Verkürzung der Lebenszeit. In einer australischen Studie an 220 000 Bewohner des Bundesstaates New South Wales kam durch Befragung und Betrachtung der Todesrate nach 3 Jahren dies heraus: Bewohner, die länger als 11 Stunden sassen, hatten ein 40 % höheres Sterberisiko als die Gruppe, die weniger als 4 Stunden sassen.

Empfehlung der Wissenschaftler: Das Sitzen während der Arbeit öfters unterbrechen.

Jugendliche bewegen sich zu wenig
Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet, bewegen sich Jugendliche zu wenig. Betroffen sind vier von fünf Jugendlichen. Die Umfragedaten an 1,6 Millionen Schüler zwischen 11 und 17 Jahren wurden in der Fachzeitschrift „Lancet Child & Adolescent Health“ publiziert. Die WHO empfiehlt täglich mindestens eine Stunde lang sich körperlich zu bewegen. 81 % der Befragten konnten die Empfehlung nicht umsetzen.
Bei der Befragung kam heraus, dass sich Mädchen noch weniger bewegen als Jungen (15 % der Mädchen und 22 % der Jungen hielten sich an die Empfehlung der WHO).
Besonders die digitale Revolution verführt Jugendliche zu einer sitzenden Tätigkeit. Leanne Riley, Co-Autorin der Untersuchung, fordert, man müsse unbedingt mehr tun, damit Jugendliche aktiv werden.

Meine Enkel praktizieren dies schon. Sie betätigen sich sportlich. Das ist ein guter Ausgleich zum Sitzen in der Schule, beim Sitzen zu Hause bei Erledigung von Hausaufgaben und bei Handy- und Computeraktivitäten.

 


Wandern ist gesund (Foto Heinz Scholz)
 

Wandern ist gesund
Da ich zum Beispiel bei meiner Computerarbeit beim Schreiben von Publikationen, Blogs und mit Recherchen manchmal zu viel sitze, mache ich regelmässig Pausen, gehe Einkaufen oder unternehme einen Spaziergang in die Stadt. Dann folgt einmal in der Woche eine 2- bis 3-stündige Wanderung mit Wanderfreunden.
Hier die Wirkungen des Wanderns:

„Wandern ist gut für Körper, Geist und Seele“, schrieb Anton Gratz, Wanderleiter und Bergwanderleiter und Referent an der Sebastian-Kneipp-Akademie im „Kneipp Journal“ 11/2017 und betonte, es wäre wichtig, dass man sich bewegt und Freude dabei hat. „Gesund bleiben und lang leben will jedermann, aber die Wenigsten tun etwas dafür“, so Anton Gratz. Das ist leider so.

Das Wandern stärkt die Kondition, bietet Abwechslungen und grandiose Naturerlebnisse. „Gehen ist die beste Medizin“, sagte schon Hippokrates. Und der Sportmediziner Rainer Brämer vom Institut für Erziehungswissenschaften der Uni Marburg erkannte: „Wandern gilt heute als optimaler Gesundheitssport. Nahezu nebenwirkungsfrei werden Herz, Kreislauf, Stoffwechsel, Atmung und Stützgerüst gestärkt, während das Risiko von Infarkt, Krebs und Diabetes um mehr als 50 % abnimmt.“

Wandern ist für Körper, Geist und Seele eine Wohltat. Der Schweizer Naturheilkundepionier Alfred Vogel (1902−1996) brachte dies treffend auf den Punkt. Er sagte einmal: „Vor allem verspüren unsere Nerven eine besondere Wohltat in der ungestörten Einsamkeit. Wenn sie reden könnten, würden sie jubeln, denn die Ruhe, wie auch der Friede, denen wir in den Bergen noch begegnen können, gehören zu den besten Heilmitteln für unser geplagtes Nervensystem.“

Noch einige Bemerkungen zur Bewegungstherapie: Die Bewegungstherapie umfasst alle Möglichkeiten der aktiven und passiven Bewegung, z. B. Fast Walking, Gymnastik, Wandern, Radfahren und Schwimmen, ebenso wie alle Formen von Ausgleichsport. Es ist eine sinnvolle Bewegung gefragt, die Spass macht und den Körper fit hält, nicht Leistungssport.

Der Kneipp-Bund schrieb dazu: „Im Zusammenhang mit den Kneippschen Wasseranwendungen, der Sauna und Massagen stellt der Ausgleichssport eine für die Gesundheit äusserst wichtige Massnahme dar. Sie ist sowohl in gesunden Tagen im Sinne der Vorbeugung, aber gerade auch in kranken Tagen zur Wiederherstellung der Gesundheit bzw. Linderung von Störungen, angezeigt.“

Bewegung stärkt das Immunsystem
Dr. med. Petra Sommer schreibt in ihrem ausgezeichneten Buch „Immunfit forever“, dass Bewegungsmangel nicht nur Gelenkerkrankungen, Herzkreislauferkrankungen, Übergewicht und Krebserkrankungen fördert, sondern auch das Immunsystem schwächt.

Die „Schlaffis“ oder „Coach-potatos“ bekommen gesundheitliche Probleme vieler Art. Dr. Petra Sommer empfiehlt u.a. eine moderate Bewegung (keine Übertreibung im Sport), gesunde Ernährung, Entsäuerung, Verzicht auf das Rauchen, das Trinken von nicht viel Kaffee oder Schwarzen Tee.

Bewegung (Sport) ist Power für unser Immunsystem:

  • Wirkungen n. Prof. Dr. Uhlenbruck) durch moderaten Sport: Aktivierung natürlicher Killerzellen und Fresszellen, Freisetzung von Endorphinen (Glückshormone), Verbesserung d. Gewebedurchblutung, Steigerung der Lebensqualität.
  • Freizeitsport ist positiver Stress (Eustress), der nicht krank macht. Gewählte Sportart sollte Freude bereiten, Übertreibungen vermeiden (darf nicht zur Quälerei ausarten).

Zum Schluss fasse ich die gesundheitlichen Vorteile einer regelmässigen Bewegung zusammen.

Gesundheitliche Vorteile auf einen Blick:
Stärkung von Herz und Kreislauf, Stärkung der Lunge, Muskeln und Knochen, Anregung des Verdauungssystems und des Stoffwechsels, Erhöhung der Widerstandskraft (Stärkung des Immunsystems), Senkung eines erhöhten Blutdrucks, Absenkung der Pulsfrequenz, Normalisierung der Blutfette, Fithalten der Venen, Reduzierung des Übergewichts, Reduzierung des Schlaganfall- und Herzinfarktrisikos, Abbau von negativem Stress. Auch die Gedächtnisleistung wird durch Bewegung erhöht. Durch körperliche Aktivität wird das Zellwachstum stimuliert, und es bilden sich vermehrt Synapsen im Gehirn. Ein Spaziergang im Grünen wirkt gegen Depressionen und verbessert das Selbstbewusstsein. Nach diesen vielen positiven Wirkungen frage ich mich: Was hält uns noch davon ab, uns regelmässig zu bewegen?


Internet
www.vayamo.ch (Ab in die Berge: Darum ist Wandern gesund)
www.spiegel.de (Vier von fünf Jugendlichen bewegen sich zu wenig)
www.zeit.de (Wer länger sitzt, ist früher tot)
www.kneippverlag.de

Literatur
Sommer, Petra; Uhlenbruck, Dr. G.: „Immunfit forever“ (Gesund und fit bis 100), Arsnova, Bad Sobernheim 2003. ISBN: 3-00-012795-X.
Scholz, Heinz: „Wandern ist nicht nur Balsam für die Seele“, „Reform-Rundschau“, 09/2007.
Scholz, Heinz: „Bewegung als Lebenselixier“, „Reform-Rundschau“, 02/2008.

 


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