Textatelier
BLOG vom: 10.10.2020

Wilde Früchte und Beeren des Herbstes

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim

 

Aroma, Geschmack und ein ganzes Paket an Vitalstoffen, das bieten uns die Wildfrüchte und Wildbeeren des Herbstes. Einige dieser Früchte und Beeren sind in diesem Blog aufgeführt. In einem 2. Teil wird Carine Buhmann uns schmackhafte Zubereitungen präsentieren.



Mährische Eberesche
 

Eberesche (Vogelbeere)

In frühen Zeiten hatten die Menschen ein probates Mittel gegen den Skorbut: Die vitaminreiche Eberesche (Vogelbeere). Die Früchte der Eberesche (Sorbus aucuparia L.) haben nach dem ersten Frost mehr Süsse. Es empfiehlt sich jedoch die Früchte zu kochen.

Neben den Wildformen gibt es auch Kulturformen wie die Mährische Vogelbeere. Die Früchte sind milder im Geschmack.

Achtung! Wer die Beeren im Übermass konsumiert, der wird eine Magenverstimmung und Erbrechen riskieren.  Bruno Vonarburg: „Die Beeren sind aber nicht giftig“.

Wildkräuterexpertin Nicole Kaiser von Waldkirch hatte anlässlich einer Wildkräuterführung Mitte September 2020 eine leckere Anregung: „Die Eberesche schmeckt als Mus wunderbar und ist für Sänger ein Muss.“

Inhaltsstoffe der Beeren: Bitter- und Gerbstoffe, Parasorbinsäure, Apfel-, Zitronen- und Bernsteinsäure, Carotin, Vitamin C (40 bis 100 mg/100g).

Wirkungen: Tee als Aufguss der getrockneten Beeren: Gurgeln bei Heiserkeit, als Teekur bei Magenverstimmung und Lymphflussstörungen. Das Mus steigert den Appetit.

 

Hagebutte

Die leuchtend roten Scheinfrüchte der Heckenrose (Rosa canina L.) hat im inneren steinharte Schliessfrüchte (auch Nüsschen genannt).

Inhaltsstoffe: Die Hagebutte ist die Vitamin-C-reichste heimische Frucht (bis 1250 mg je 100g essbare Frucht). Sie hat im Vergleich zu Zitronen und Orangen den 20- bis 30-fachen Gehalt an Vitamin C zu bieten. Weitere Vitamine und Provitamine: Carotinoide, Vitamin E.

Die Hagebutte enthält aber noch weitere interessante Inhaltsstoffe wie Karotinoide, Vitamin E, Glucose, Fructose, Saccharose, Apfel- und Weinsäure und etliche Mineralstoffe (Kalium, Magnesium, Kalzium), Schleimstoffe, ätherische Öle, Gerbstoff, Pektin und Flavone.

Wirkungen: Die Hagebutte wirkt appetitanregend, harntreibend, blutreinigend, stärkend und leicht abführend.

Hinweis: In meinem Blog vom 16.11.2011 („Hagebutte: Viel Vitamin C und Aktivstoffe in der Frucht“) finden Sie ausführliche Hinweise zur Wirkung und Anwendung. Hier der Link:
https://www.textatelier.com/index.php?id=996&blognr=3970

 

Holunder

Schon der griechische Arzt Hippokrates (um 460-370 v. Chr.) rühmt den Schwarzen Holunder (Sambucus nigra L.) als abführendes, schweisstreibendes Frauenmittel.

Inhaltsstoffe: Blüten: Ätherisches Öl, Flavonoide (Rutin, Hyperosid, Quercetrin), organische Säuren, Schleim- und Gerbstoffe. Beeren: Zucker, organische Säuren, Anthocyanfarbstoff, ätherisches Öl, Bitter- und Schleimstoff, Vitamine (Vitamin C: 18mg/100g), Kalium, Calcium.

Wirkungen: Die Stoffe in den Blüten wirken schweisstreibend, harntreibend und abwehrsteigernd. Die Inhaltsstoffe der Beeren entfalten eine abführende und darmreinigende Wirkung (Verwendung von Saft, Sirup, Mus).

Anwendung: Tee: für Schwitzkuren bei fieberhaften Erkältungskrankheiten (oft in Kombination mit Lindenblüten). Vorbeugungsmittel gegen Erkältungskrankheiten.

Nebenwirkungen: Bei Überdosierung mit Beeren kann es zu Übelkeit und Brechreiz kommen. Die schwach giftigen unreifen Beeren sollte man nicht verzehren und die Beeren bei der Saftgewinnung kurz erhitzen.

Anmerkung: Hier sind 2 informative und amüsante Blogs von Richard G. Bernardy und von mir:
Blog vom 03.06.2012: „Holunder taugt nicht beim Seitensprung aber für die Lyrik“
https://www.textatelier.com/index.php?id=996&blognr=4211

Blog vom 25.08.2014: „Kein Streit durch Holunder, und die Liebe wird immer toller.“
https://www.textatelier.com/index.php?id=996&blognr=5238

 

Kornelkirsche

Die Kornelkirsche (Cornus mas) gehört zu den Hartriegelgewächsen. Sie wächst in Laubwäldern und in Hecken. Früher sah man der Kornelkirsche (Dirlitze) in der Nähe fast jeden Bauernhauses.
Im prächtigen Garten von Alice Kneusslin in Schopfheim-Fahrnau steht ein prächtiger Kornelkirschenbaum. Er ist frühblühend und mit vielen Tausenden von kleinen goldgelben Blüten übersäht. „Er ist eine wichtigen Bienenährpflanze“, wie die Gartenliebhaberin erklärte.

Die schmackhaften, roten Beeren, reifen Kirschen schmecken nach einer Mischung aus Johannisbeeren, Kirschen und Himbeeren. Die gelben, gut riechenden Blüten verwenden die Norweger zum Aromatisieren alkoholischer Getränke.

Inhaltsstoffe: Organische Säuren, Pektin, Zucker, Anthocyane, Vitamin C, Schleim- und Gerbstoffe.

Anwendung: In der Volksheilkunde früher bei Durchfällen und Ruhr verwendet. Hildegard von Bingen empfahl ein Bad aus Rinde, Holz und Blättern gegen die Gicht, sowie die Kirschen für den Magen.

Verwertung: Konfitüre, Kompott, Saucen, Kuchen. In Russland sind in Alkohol eingelegte Kornelkirschen der Renner. Diese werden wie Oliven als Beilage verwendet. Die Früchte dienen auch zur Herstellung von Edelbränden.



Sanddorn
 

Sanddorn – Zitrone des Nordens

Der Sanddorn (Hippophae rhamnoides) ist ursprünglich in Nepal beheimatet. Schon seit langer Zeit ist der Sanddorn in den Alpen, im Schwarzwald und in nördlichen Küstenregionen heimisch. Nach der Hagebutte sind die Beeren unser grösster Vitamin-C-Spender. Die Beeren enthalten bis neunmal mehr Vitamin C als die Orange oder Zitrone. Die orangeroten, säuerlich schmeckenden Beeren sammelt man von September bis Oktober.

Inhaltsstoffe: Die Beeren enthalten Vitamin C (450mg/100g), Carotinoide, Vitamin E, Magnesium und Kalium.

Wirkungen: Abwehrsteigernd, entzündungswidrig, appetitanregend.



Berberitze
 

Sauerdorn (Berberitze)

Der Sauerdorn (Berberis vulgaris L.) wächst in Hecken und Gebüschen und wird wegen der leuchtend gelben Blüten und der scharlachroten Beeren gerne in Gärten gehalten. In Getreideanbaugebieten wurde die Berberitze nahezu ausgerottet, weil sie als Zwischenwirt für einen Getreiderostpilz dient.

Inhaltsstoffe: Vitamin C, Gerbstoffe, organische Säuren (Apfel-, Zitronensäure), Anthocyane, Carotinoide, Chlorogensäure, Pektin.

Wirkungen: Leicht abführend, entzündungshemmend, abwehrsteigernd, harnsäureausführend.

Anwendungen: Sebastian Kneipp verordnete Berberitzentee bei Leberentzündung, Gallensteinleiden und bei entzündlicher Gelbsucht. Heute wird die Berberitze medizinisch nur noch vereinzelt verordnet bei Leberfunktionsstörungen mit Gallestauung, Rheuma, Arthritis und Gicht. Bruno Vonarburg empfiehlt bei bestimmten Beschwerden eine Trifloris-Essenz (Trituration und Blütendynamik).

Verwertung: Mus, Konfitüre, Gelee (mit Honigzufuhr!). Berberitzen-Essig. Der Saft kann wie Zitronensaft verwendet werden.

 

Schlehe

„Die Schlehenblüten sind unschädliche Abführmittel und sollten in jeder Hausapotheke zu finden sein“, meinte Sebastian Kneipp.
Die Schlehe (Prunus spinosa L.) wird auch Schlehdorn, Schwarzdorn, Wilde Pflaume und Heckendorn genannt.
Die Früchte sind zunächst sehr sauer und erzeugen ein zusammenziehendes Mundgefühl. Die Steinfrüchte sollte man vor dem ersten Frost sammeln, dann sind sie bekömmlicher und süsser.

Inhaltstoffe:  Blüte: Flavone, Früchte: Bitterstoffe, Gerbstoffe, Flavonoide, Apfelsäure, Fruchtzucker, bis zu 60mg Vitamin C pro 100g.

Wirkungen: Die Blüten wirken abführend, harntreibend und die Früchte blutreinigend und blutstillend.

Anwendung:  Tee (Blüten): Verstopfung, Verdauungsstörungen, zur Magenstärkung, bei Hautauschlägen.
Fruchtsaft (aus den nach dem ersten Frost gesammelten und entsteinten Früchten): Bruno Vonarburg empfiehlt den Saft zur Mundspülung bei Schleimhautentzündungen, entzündeten Zahnfleisch, Zahnfleischbluten. „Wird aber auch kurmässig getrunken zur Stärkung, Blutreinigung und bei Appetitmangel als Aperitif.“

Verwertung: Schwarzdorn-Birnen-Mus, Schwarzdorn-Apfel-Kürbis-Suppe, Chutneys, Mus, Konfitüre, Gelee, Schlehenwein.

Bloghinweis: Blog vom 10.11.2011 („Die Schlehe: Abführend, harntreibend und appetitfördernd“):
https://www.textatelier.com/index.php?id=996&blognr=3964

 

Wacholder

Früher gebrauchte man den Wacholder (Juniperus communis L.) zum Ausräuchern von Krankenstuben, Stillen und zur Pestabwehr.

Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl aus Terpenen, Gerbstoffe, Flavonoide, Anthocyanide. Bitterstoff Juniperin, Harz, Pentosane.

Wirkungen: Die Inhaltstoffe wirken desinfizierend, entzündungshemmend und harntreibend.

Anwendung: Beeren, Tee, Teepräparate: Appetitmangel, Aufstossen, Völlegefühl, Sodbrennen, Ödeme. Der Wacholdergeist ist ein erprobtes Mittel zum Einreiben bei Rheuma, Flechten und Hautausschlägen.

Verwertung: Beeren als Gewürz, Wacholder-Latwerge, Wacholdergeist.

 

Literatur
Buhmann, Carine: „Wildfrüchte und Wildbeeren“ (Rezepte), „Natürlich“ Nr. 10/1997.
Pirc, Helmut: „Wildobst und seltene Obstarten im Hausgarten“, Leopold Stocker Verlag, 2009.
Scholz, Heinz: „Die Parade der Wilden“, „Natürlich“ Nr. 10/1997.
Vonarburg, Bruno: „Energetisierte Heilpflanzen“, AT Verlag, Baden und München, 2010.
Vonarburg, Bruno: „Natürlich gesund mit Heilpflanzen“, AT-Verlag, Aarau 1993.

 
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
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