Textatelier
BLOG vom: 18.04.2021

Rotkehlchen ist Vogel des Jahres 2021

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 


Rotkehlchen (Foto Elisabeth Faber)
 

Bei der Wahl des Vogels des Jahres 2021 standen 10 Vögel zur Auswahl. Neben dem Rotkehlchen waren das Amsel, Feldlerche, Goldregenpfeifer, Blaumeise, Eisvogel, Haussperling, Kiebitz, Rauchschwalbe und Stadttaube. Experten beklagten das Prozedere, weil zum ersten Mal jeder abstimmen konnte. So entschieden sich die Nichtfachkräfte für auffällig viele Vögel, die putzig aussehen, hübsch klingen, in Kinderliedern besungen und in Gärten oft gesehen werden. Experten entscheiden sich anders. Sie weisen auf Vögel hin, die durch Umweltveränderungen gefährdet sind. Der Ornithologe Michael Schmolz von der Staatlichen Vogelschutzwarte in Garmisch-Partenkirchen hätte von den Verbänden eine festgelegte Auswahl von etwa 30 Vögeln aus unterschiedlichen Lebensräumen gewünscht, die auf den Niedergang ganzer Populationen aufmerksam machen. „Das wäre wichtiger denn ja, denn den Vögeln geht es schlecht“, so Schmolz.

Auf jeden Fall hat das putzige und schön anzusehende Rotkehlchen gewonnen. Der Vogel hat mit 59 267 Stimmen vor Rauchschwalbe und Kiebitz das Rennen um den Titel gemacht. Beachtlich war die Wahlbeteiligung mit 455 000 Menschen.

„Wir freuen uns über diese überwältigende Wahlbeteiligung, da das Interesse an der heimischen Vogelwelt so gross ist, stellen wir auch in Zukunft den Vogel des Jahres öffentlich zur Wahl“, erklärte Bundesgeschäftsführe Leif Miller von NABU. Ein Fachgremium des NABU wird zukünftig jedes Jahr 5 Kandidaten bestimmen, aus denen der Vogel des Jahres öffentlich gewählt wird. Die nächste Wahl zum „Vogel des Jahres 2022“ findet von Oktober bis Mitte November 2021 statt.

In Deutschland gibt es 3,4 bis 4,3 Millionen Rotkehlchen-Brutpaare. Der Bestand ist bis jetzt noch nicht gefährdet. Das Rotkehlchen wurde übrigens schon zum zweiten Mal gekürt, das war 1992.

Das Rotkehlchen stellte sich so in seinem Wahlprogramm vor:
„Ich mag´s unordentlich. Unter Laub und Zweigen finde ich mein Futter und liebe es, mich im Gestrüpp zu verstecken. Dabei bin ich gar nicht scheu. Ich komm gern näher, wenn ihr im Garten Beete herrichtet. Da gibt es für uns auch einige Insekten, die hochfliegen oder auf dem Boden krabbeln. Wählt mich, wenn ihr Vielfalt im Garten liebt!“

 


Rotkehlchen im Gras (Foto Elisabeth Faber)
 

Ist das Rotkehlchen ein Rüpel?
Ein Autor schrieb vor der Wahl, dass ausgerechnet der garstigste Vogel bei der Wahl vorne liegt. Er ist nachweislich ein Rüpel, aufgeplustert und aufbrausend. Meine Nachbarin, Karin Greiner, ist da ganz anderer Meinung. Sie beobachte Vögel an Futterstellen (sie füttert Vögel das ganze Jahr). Die Garten- und Vogelliebhaberin sieht immer wieder Rotkehlchen, die in der Nähe einer Futterstelle warten, bis das „Fussvolk“ der Spatzen davongeflogen ist. Dann konnte das „vornehme“ Rotkehlchen in Ruhe sich satt essen („...“ sind Spezialbezeichnungen von Frau Greiner). Oft ist das Rotkehlchen am Abend der letzte Gast an der Futterstelle.

 


Singendes Rotkehlchen (Foto Elisabeth Faber)
 

Ist unerschrocken und liebt Bäder
Der beliebte Gartenvogel ist in der Tat unerschrocken, er gesellt sich auch völlig fremden Menschen zu. Der Grund dürfte sein, dass beim Herumwerkeln in den Gärten Insekten aufgewirbelt werden, die sie dann vertilgen können.

Die Vögel haben eine Lieblingsbeschäftigung, nämlich das täglich Baden. Sogar am Morgen wird zusätzlich im Tau gebadet. Das bestätigte mir auch Frau Greiner. Sie hat ein „Wellnessbad“ für Vögel in der Nähe der Futterstelle eingerichtet. Es ist ein Wasserbehälter, in dem Steine platziert sind. Nun können die Vögel sich draufsetzen und das Wasser geniessen. 

Der Hauptfeind des Rotkehlchens und anderer Vögel ist der Sperber.

Rotkehlchen ist ein Teilzieher. Ein Teil zieht ins westliche Mittelmeergebiet, ein anderer bleibt uns im Winter erhalten. Oft haben die Rückkehrer das Nachsehen. Sie fanden seltener ein Weibchen als die Daheimgebliebenen.

Jubiliert schon vor Sonnenaufgang
Viele Vögel sind Frühaufsteher, sie singen schon vor Sonnenaufgang. Das Rotkehlchen erfreut uns mit seinem Gesang bereits 50 Minuten vor Sonnenaufgang. Der klare Gesang ist mit abfallender Tonfolge. „Er klingt feierlich und melancholisch“, erklärt Detlef Singer. Schon Jungvögel beginnen andere Vögel zu imitieren.

Das Singen ist keine Domäne für Männer. Auch Weibchen können singen, jedoch leiser und seltener.

Elisabeth Faber, die wunderschöne Fotos vom Rotkehlchen für diesem Blog aufgenommen hat, schrieb: „Bei einem Abendrundgang hörten wir einen Vogel, der unglaublich laut sang. Hoch oben auf einem Baum entdeckten wir den Sänger. Es war ein Rotkehlchen.“ (s. Foto)

 

Literatur
Dröscher, Lutz: „Drum singe, wem Gesang gegeben…“ (Das Rotkehlchen im Portrait“, „Naturschutz heute“, Ausgabe 1/1992 und NABU (www.nabu.de)
Frey, Andreas: „Rotkehlchen bezirzt seine Wähler“, „Badische Zeitung“, 19.03.2021
Singer, Detlef: „Was fliegt denn da?“, Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart 2019.

Vogel des Jahres 2021 in der Schweiz: Steinkauz

Vogel des Jahres 2021 in Österreich: Girlitz

Unter Wikipeida (Vogel des Jahres) sind auch internatinale Entscheidungen aufgeführt.

Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Schloss Beuggen und seine Baumveteranen
Blutreizker, Steinpilz und ein Riesenpilz
Foto-Blog: Pilze, Tollkirsche und ein Mäuschen
Blütenpracht: Inkalilie, Sonnenbraut, Akanthus
Weidbuchen sind bizarre Schönheiten
Kurioses und Witziges von der Fussball-EM
Faszination von Fotos bei Regen
Maiglöckchen: Wunderschön, aber giftig für Mensch und Tier
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse