Frank Hiepe: 40 Jahre Kräuterexkursionen
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim
In mehreren Blogs habe ich schon über Apotheker Frank Hiepe von Zell im Wiesental, der viele Heilpflanzenexkursionen durchgeführt hat, berichtet. Er ist ein exzellenter Kenner der einheimischen Flora und begeisterte mit seinem Wissen viele Menschen. Innerhalb von 40 Jahren brachte er es auf 103 Exkursionen. Die meisten Führungen fanden in Schopfheim-Gersbach statt, aber auch in Zell im Wiesental, Gresgen, Kirchhofen, Bad Säckingen, im Botanischen Garten in Basel-Brüglingen, am Feldberg und im ehemaligen Bibelgarten in Beuggen. Bei etlichen Führungen war ich dabei und konnte immer Neues erfahren.
Oft erhielt er Einladungen von Volkshochschulen und von Schulen. Für die „Badische Zeitung“ hat er 64 Blogs in der Serie „Achtung Pflanze“ geschrieben. Zusammen mit mir verfasste er als Co-Autor zwei Heilpflanzenbücher (das 1. vor 25 Jahren!). Beide waren vor 25 Jahren auch Gast bei der SWF-Fernsehsendung „Wandern um den Fallerhof“.
Interesse wurde geweckt
Auf die Frage, was ihn bewog, so ein großes Pensum zu bewältigen, antwortete er:
„Mir selbst machte es Freude, Pflanzen in der Natur zu entdecken. Diese Freude gab ich gerne weiter und informierte vom Kindergartenalter bis zum Seniorenkreis die Interessenten über den reichen Schatz an natürlicher Arznei.“
Das Interesse an Kräuter wurde durch seinen Großvater, Dr. Eduard Hiepe (1870-1947) geweckt. Er entwickelte mit dem Häger Pfarrer Josef Hurst (1885-1931) einen Hustensaft aus Schwarzwälder Zutaten, wie Tannenspitzen und Tannenhonig. Dieser kam den damaligen Textilarbeitern, die Baumwollfasern und Baumwollstaub einatmeten und unter Bronchial- und Atembeschwerden litten, zugute. Der Hustensaft „Tannenblut“ von der Firma Hübner, ist nach über 88 Jahren heute noch im Handel.
Rote Früchte für das Herz
Bei mehreren Exkursionen in Gersbach trafen sich die Teilnehmer oft an der prächtigen Dorflinde (diese wurde leider im Oktober 2018 wegen Befall mit dem Brandkrustenpilz gefällt). Zu Beginn einer Tour gab Hiepe eine kurze Einführung in die Kräuterheilkunde und Homöopathie, aber auch in die Signaturlehre. Bevor man die Wirkstoffe in den Pflanzen isolieren konnte, ging man in der Therapie nach dieser Lehre vor. So wurden rote Früchte (z. B. Weissdorn) bei Herzbeschwerden und Pflanzen mit gelben Blüten und gelbem Milchsaft (z.B. Löwenzahn, Schöllkraut) bei Leber-Galle-Erkrankungen verwendet.
Nach der Einführung ging es auf Wanderschaft. In Gersbach wurden etliche schöne Bauerngärten inspiziert und die Pflanzen auf Wiesen und Wegrändern in Augenschein genommen. Die Teilnehmer der Exkursionen erfuhren immer sehr interessante Dinge über die Heilpflanzen. So auch über den Löwenzahn, der 500 verschiedene Namen hat.
Labkraut und Männertreu
Die Pflanzeninteressierten staunten als Frank Hiepe etwas über das Labkraut und den Ehrenpreis erzählte. Das Labkraut (Bettstroh, Gelbes Käselab, Magerkraut) wirkt wassertreibend. Es ist Bestandteil von „Blutreinigungstees“. Die Pflanze wurde früher von den Sennen bei der Käseherstellung als Labferment verwendet.
Der Ehrenpreis hat auch die schönen Namen Männertrau und Veronika. „Beim Ehrenpreis fallen die Blätter so schnell ab, wie die Männer untreu werden“, so eine humorvolle Erklärung des Namens durch Frank Hiepe. Der Ehrenpreis ist Bestandteil von Teemischungen, die gegen Lungen- und Leberleiden verwendet werden.
Das Zipperleinkraut
Der Gewöhnliche Geissfuß oder Giersch wird auch als Zipperleinkraut bezeichnet. Die Pflanze wurde früher bei Gicht gebraucht. Er ist aber auch als Wildgemüse und Salat beliebt. Der Giersch ist leicht zu erkennen, wie Hiepe betonte. Der Blattstiel ist im Querschnitt dreieckig. Die Blätter, die die Form eines Ziegenfusses haben, riechen angenehm würzig. Der Geruch erinnert an Petersilie.
Das Pferd hatte Asthma
Am Schluss jeder Kräuterexkursion zeigte Frank Hiepe eine kleine Sammlung von Kräutern, die er in seinem Auto parat hatte. Er präsentierte den Teilnehmern nicht nur die bereits inspizierten, sondern auch noch einige andere Heilkräuter. Oft erzählte er auch Episoden über Heilwirkungen. So erwähnte er die „Jungfrau im Grünen“, den Schwarzkümmel. Ein Immunologe hatte ein Pferd, das mit Asthma zu tun hatte. Er schrieb an einen befreundeten ägyptischen Pflanzenkenner, was er tun solle, da kein Mittel bisher half. Der Ägypter sandte daraufhin eine Portion Schwarzkümmel. Das Pferd wurde dann mit diesem Kümmel erfolgreich behandelt.
Bach-Blüten-Wanderung
Anlässlich der Bürchauer Gartenwoche im Juni 1996 wurde auch eine Kräuterwanderung angeboten. Frank Hiepe führte in bewährter Weise die Gäste durch die Natur. Ein Teilnehmer konnte sich nicht mehr zurückhalten und meine scherzhaft: „Ich habe schon einige Wanderungen bei Herrn Hiepe mitgemacht. Lustig war es bei der Bach-Blüten-Wanderung im Frühjahr. Dort erschienen tatsächlich Frauen mit Stiefeln an den Füssen. Sie waren der Meinung, die Wanderung würde im Bach entlang gehen.“
Bei der Bürchauer Gartenwoche befand sich auch die Präsidentin der Deutschen Gartenbaugesellschaft Gräfin Bernadotte von der Mainau. Hiepe führte sie zum Naturschutzgebiet Nonnenmattweiher.
Blog über den Nonnemattweiher: https://www.textatelier.com/index.php?id=996&blognr=5960
Achtung vor Verwechslungen!
Frank Hiepe wies in seinen Exkursionen immer wieder auf Kräuter hin, die giftig sind. So wurden Bärlauchblätter mit den giftigen Blättern des Maiglöckchens und der Herbstzeitlose verwechselt. Hiepe schildete einen Fall einer Verwechslung aus seiner Tätigkeit an einer Heilpraktikerschule. Ein Schüler kam zu ihm und sagte: „Ich habe Probleme mit meiner Frau. Sie hat kaum Appetit und leidet unter einem chronischen Brechreiz.“ Dann betonte er noch, dass er dies nicht verstehe, da seine Frau sich gesund ernähre und regelmäßig einen Tee aus selbst gesammelten Kräutern trinke. „Bringen Sie mir mal die Kräuter mit, die sie verwendet“, forderte der Pflanzenkenner ihn auf. Er brachte daraufhin die Pflanzen. Hiepe sah sie sich an und erschrak, als er den giftigen Schierling entdeckte. Aus dem Schierling stellten die Griechen im Altertum einen Gifttrunk her, den zum Tode verurteile Staatsfeinde trinken mussten. Auch Sokrates starb durch den „Schierlingstrunk“.
Was er Marion Caspers-Merk zeigte
An einem schönen Sommertag führte Hiepe die frühere Politikerin und Staatsekretärin bei der Bundesministerin für Gesundheit und Drogenbeauftragte Marion Caspers-Merk in Gersbach herum. Innerhalb von 2 Stunden zeigte er ihr nahezu 100 Heilpflanzen. Beim anschließenden Hock im Rathaus hat er mit ihr eingehend die Probleme im Gesundheitswesen diskutiert.
Worte von Paracelsus
Nach den Kräuterexkursionen waren die Teilnehmer immer zufrieden und staunten über die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Kräuter in Therapie und Küche. Sie fanden die Worte von Paracelsus bestätigt, der einst gesagt hatte: „Alle Wiesen und Matten, alle Berge und Hügel sind Apotheken.“
Frank Hiepe unternimmt heute keine Kräuterexkursionen mehr. Er betreibt weiterhin Studien mit pflanzlichen und mineralischen Ausgangsstoffen. Er ist auch ein wichtiger Berater für Autoren tätig, die sich bei ihm exzellent über Heilpflanzen informieren können.
Publikationen und Blogs über Frank Hiepe
„Heilt alles ausser den Tod“, Vortrag in der „Krone“ in Tegernau:
https://www.verlagshaus-jaumann.de/inhalt.kreis-loerrach-heilt-alles-ausser-den-tod.d2c74f8b-75ef-4a54-8b81-07568cc15436.html
Frank Hiepe – Apotheker und Heilkräuterexperte:
https://www.textatelier.com/index.php?id=996&blognr=6251&autor=Heinz%20Scholz
Frank Hiepe: Ein versierter Kenner der einheimischen Flora:
https://www.textatelier.com/index.php?id=996&blognr=2617&autor=Heinz%20Scholz
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Im Nebel auf dem Spürnasenpfad in Todtmoos
Schloss Beuggen und seine Baumveteranen
Blutreizker, Steinpilz und ein Riesenpilz
Foto-Blog: Pilze, Tollkirsche und ein Mäuschen
Blütenpracht: Inkalilie, Sonnenbraut, Akanthus
Weidbuchen sind bizarre Schönheiten
Kurioses und Witziges von der Fussball-EM
Faszination von Fotos bei Regen
Maiglöckchen: Wunderschön, aber giftig für Mensch und Tier
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein