Nikolaihof Wachau: Im ältesten Weingut von Österreich
Autor: Heinz Scholz
„Es ist schon schwer genug, Wein auf biologische Weise zu erzeugen. Noch viel schwerer ist es, dem Tropfen gleichzeitig eine wunderbare geschmackliche Qualität mitzugeben. In der Wachau gibt es die Familie Saahs, der das Kunststück seit einer kleinen Ewigkeit gelingt: Anerkennung von Japan bis in die USA“, schrieb Gertraud Leimüller in den „Salzburger Nachrichten“ über die Weine vom Nikolaihof Wachau in Mautern. In der Tat waren die Vorkoster aus den USA von den Weissweinen „Grüner Veltliner“ und „Riesling“ so begeistert, dass sie sich zu euphorischen Äusserungen hinreissen liessen. Die Weine tauchten dann auch unter den 100 weltweit besten Weinen im Einkaufsführer der USA auf.
1998 erhielt der Riesling Federspiel eine besondere Auszeichnung. Er wurde aufgrund seines hohen Redoxpotenzials als weltbester Wein angesehen. In der Anerkennungsurkunde, unterzeichnet von den Professoren Dr. Hans-Jürgen Pesch (Präsident der Deutschen Gesellschaft für Umwelt- und Humantoxologie, Erlangen) und Dr. Manfred Hoffmann (Vorsitzender des Arbeitskreises Qualitätsmanagement/Verbraucherschutz, Weidenbach), ist Folgendes zu lesen:
„Mit einem Redoxpotenzial von 259 mV erreicht dieser Weisswein eine hohe gesundheitliche Relevanz zur Neutralisation von freien Radikalen. Die Herstellung derartiger Weinqualitäten zeugt von besonderer fachlicher Qualifikation im Weinbau sowie grosser Sorgfalt bei der Pflege und Erhaltung optimaler Weinqualitäten.“
Was die Familie (Christine und Nikolaus Saahs und der Sohn Nikolaus) geleistet hat, ist bewundernswert und wohl einmalig. Mehr als die Hälfte der 100 000 Flaschen Riesling, Grüner Veltliner, Chardonnay, Weissburgunder und Neuburger gehen in den Export. Selbst in Weinländern wie Italien, Japan und USA sind die Weine vom Nikolaihof gefragt. Er gehört übrigens zu den 3 Höfen in Österreich, die nach den strengen bio-dynamischen Demeter-Richtlinien arbeiten.
Anlässlich eines Besuchs auf diesem Hof während unseres Wachau-Urlaubes (vom 12. bis 19. Juni 2005), betonte Christine Saahs, dass bei ihr keinerlei Chemikalien, Enzyme und Hefezusätze zur Anwendung kommen. Auch das Verfahren der Umkehrosmose wird nicht angewandt. Ihre Weingärten kommen keinesfalls mit synthetischen Pestiziden, Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden in Berührung. Nikolaus Saahs beobachtet mit Argusaugen Zeigerpflanzen, die in den Weinbergen wachsen. Besonders die Rosen, die vor den einzelnen Reihen der Reben gedeihen, sind sein Früherkennungssystem. Sobald sich Pilze auf den Rosen ausbreiten, schreitet er zur Tat. Er besprüht die Reben mit Brennnesseljauche, Baldriantropfen, Baldriantee und mit nach den Demeter-Richtlinien hergestellten Präparaten in hoher Verdünnung (homöopathische Arzneien). Der Winzer achtet auch auf die Gesunderhaltung des Bodens, der nie mit Kunstdünger in Berührung kommt. Ein gesunder Boden mit seinem intakten ökologischen Kleinsystem (wie Frau Saahs betonte, befinden sich in einem Hektar 25 Tonnen Lebewesen) und starke Reben sind die besten Voraussetzungen, um gegen Schädlinge gewappnet zu sein.
Da der Nikolaihof Wachau auch Bio-Gerichte in der Weinstube an 4 Tagen in der Woche anbietet und auch Weinverkostungen durchführt, konnten wir uns nicht zurückhalten und reservierten an einem Abend einen Tisch. Beim Eintritt in den zauberhaften Hof wurden wir von Christine Saahs begrüsst und an einen Tisch unter einer weit ausladenden Linde geführt. Die Linde, die zu jener Zeit in voller Blüte stand, verströmte einen betörenden Duft, der jedoch eine beruhigende Wirkung ausübte. Von einer früheren Arbeit über Duft- und Armomastoffe her wusste ich, dass die Stoffe über den Geruchssinn auf den Organismus regulierend, harmonisierend und entspannend einwirken.
Nach diesen Gedankengängen studierten wir die umfangreiche Speisekarte und entschieden uns wie folgt: Meine Frau Paula bestellte eine Linsensuppe (von roten Linsen) mit Speckknöderl, gefüllte Selleriescheiben mit Käse, Blattsalat, Erdäpfel und Wildkräuerrahm und zum Nachtisch einen „B´soffenen Wachauer“ (warmer Nusskuchen mit würzigem Wein und Schlagobers). Ich entschied mich für die gleiche Suppe, dann folgten Teigtascherl mit Topfen-, Kräuter-, Schwammerlfülle im Rahmsafterl mit Blattsalat. Bei der Nachspeise wollte ich nichts mit einem weinseligen Wachauer zu tun haben, sondern bestellte Marillenknödel mit Butterbröseln und Marillenröster (eine Art Aprikosenkompott).
Dazu wurde ein Grüner Veltliner gereicht. Jeder Tisch erhielt als besondere Gabe einen Krug mit ionisiertem Wasser. Darin befand sich ein Granitstein („Energiestein“). Dieses Wasser nach Johann Grander soll eine belebende Wirkung entfalten. Auf jeden Fall mundete das Wasser hervorragend. Und erst das Essen und der Wein! Es waren unbeschreibliche Gaumenschmeicheleien. Nicht umsonst steht auf der Speisekarte „Wir kochen mit Lebensmitteln statt Nahrungsmitteln!“ Das Brot wird selbst gebacken, Salat und Gemüse kommen aus natürlichem Anbau. Viele andere Produkte liefern Waldviertler Bio-Bauern. Der Indio-Kaffee stammt aus biologischem Anbau, und Mehlspeisen werden aus Vollkorn zubereitet.
Nach dem Essen unterhielten wir uns noch mit Christine Saahs. So erfuhren wir, dass das Weingut als das älteste in Österreich gilt. Die Geschichte lässt sich bis in die Römerzeit zurückverfolgen. Auf dem Hofverband sind noch alte Überreste der frühchristlichen Agapitus Basilika zu finden. Hier soll der Heilige Severin um 450 u. Z. gelebt haben. Unter Bischof Pilgrim von Passau fand an diesem Ort 985 eine Synode statt. 1075 war hier bereits die Gutsverwaltung des Passauer Stifts St. Nikolai anwesend.
Nikolaus Saahs Grossvater kaufte die Anlage 1894. Am 6. Dezember 1908 pflanzte er die Linde. Der prächtige Baum ist also 97 Jahre alt. In den 70-er Jahren stellte die Familie Saahs ihren Betrieb auf Bio-dynamische Richtlinien nach Demeter um. Dieser Verband, der auf den österreichischen Anthroposophen Rudolf Steiner (1861–1925) zurückgeht, ist der einzige, weltweit organisierte Bio-Verband. In Österreich gibt es 110 Demeter-Betriebe.
Danach folgte eine Führung durch den Nikolaihof. Herzstück der Anlage ist der Weinkeller, der mit seiner 10 °C kühlen Atmosphäre uns erschauern liess. In diesem Keller befinden sich Holzfässer mit einem Fassungsvermögen von 2000 bis 12 000 Liter. Für jedes Kind der Familie wurde ein Holzfass aufgestellt. An der Frontseite sind schöne Schnitzereien mit dem jeweiligen Namen zu sehen.
Die Familie Saahs entschied sich für Holzfässer, die 3-mal so teuer wie Stahlfässer sind. Diese Entscheidung erwies sich als vortrefflich. Grund: Die gesundheitsfördernden Antioxidantien gehen in diesen Fässern nicht kaputt. In einem Raum über dem Kellergewölbe sahen wir eine 12 Meter lange Baumpresse. Nikolaus Saahs jun. will diese alte Presse wieder instand setzen.
2 Anekdoten erzählte uns Frau Saahs im tiefen Keller. So fragte einmal ein Besucher, der das Loch in der Decke und die Fässer eingehend und sinnend betrachtete:„Wie treffen sie die Fässer beim Befüllen mit Traubensaft?“ Er war der festen Meinung, die Fässer müssten ans Füllloch geschoben werden. An einen langen Schlauch dachte er wohl nicht. Ein anderer Besucher wollte wissen, wie die grossen Fässer durch die kleine Kellertür kommen. Hier musste Frau Saahs dem Unwissenden erzählen, dass die Fassbauer im Keller diese zusammenbauen.
In der Nähe des Kellereingangs entdeckte ich Weinstein, den Familie Saahs zu Demonstrationszwecken ausgestellt hatte. Dieser Weinstein wird von der Firma Weleda aufgekauft. Nach Untersuchungen ist dieser Weinstein der reinste, also ohne jegliche Rückstände. Pro Jahr fallen etwa 150 Kilo an.
Abschliessend lud uns Christine Saahs noch zu einer besonderen Weinprobe ein. Wir durften einen 6 Jahre alten Grünen Veltliner (Jungfernlese, halbtrocken) und einen 99er Riesling Jungfernlese geniessen. Unter Jungfernlese bezeichnet man die erste Ernte eines Weingartens. Ein schöner Abend fand so sein Ende.
„Der Nikolaihof ist ein ökologisches Kleinod und es wäre sehr wünschenswert, wenn sich das grosse Europa an diesem kleinen Weingut ein Beispiel nehmen würde.“ Dieser bemerkenswerte Satz stand in der Publikation „Besser essen, besser reisen in Österreich und Südtirol“.
Ich erachte es als wertvoll, wenn es Menschen gibt, die natürliche Anbaumethoden bevorzugen und auf eine Massenproduktion verzichten. Sichere, naturbelassene Produkte sind ein wertvolles Gut. Die Verbraucher müssen jedoch auch bereit sein, etwas mehr für Bio-Produkte zu bezahlen.
Journalisten und Autoren sollten immer wieder auf diese Bio-Produkte hinweisen. Mein Beitrag: In dem Buch „Richtig gut einkaufen“, das Mitte September 2005 in der Verlag Textatelier.com GmbH, Biberstein, erscheint, werde ich über die Unterschiede zwischen biologisch und herkömmlich produzierten Lebensmitteln berichten und auch Betriebe wie den Nikolaihof entsprechend würdigen.
PS. Interessierte Leser finden von der Textatelier-Startseite aus (linke Spalte) Informationen über dieses einzigartige Einkaufsbrevier.
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