Textatelier
BLOG vom: 25.12.2005

1 Jahr Blogatelier: Und verloren ist kein Wort ...

Autor: Emil Baschnonga
 
Ich weiss nicht mehr, wo ich diesen Titel "Und verloren ist kein Wort ..." aufgeschnappt habe, und warum er mich heute reizt, Worte darüber zu verlieren.
 
Ich möchte gern hoffen, dass diese Aussage wahr ist, hege aber Zweifel. Kann es sein, dass ich den Titel falsch interpretiere? Es gibt geflügelte wie auch unsterbliche Worte. Vielleicht ist es davon abhängig, wer das eine oder andere geschrieben und als Druckschwärze an die Leser gebracht hat. Aber die Worte sind verloren, wenn der Leser für sie nicht empfänglich ist. Manch ein gutes Wort, das in den Zeitungen stand, geht verloren; Zeitungen sind ein Medium, das der Gattung der Eintagsfliegen zugeordnet wird. Zeitungen werden entsorgt. Zeitungsseiten lassen sich zerknüllen und in feuchte Schuhe stopfen. Aber Worte verschwinden nicht spurlos. Da und dort bleiben sie im Gedächtnis eines Lesers haften.
 
Heute wird mehr und mehr elektronisch geschrieben und getextet. Mit einem Tastendruck lassen sich Millionen von Wörtern löschen, die keinerlei Anspruch auf einen bleibenden Wert erheben. Hinzu kommt die Unzahl von Werbetexten, Geschäftsbriefen, Jahresberichten und ähnlichem Kleinkram, der uns tagtäglich überflutet. Die meisten kommen auf Sprachkrücken daher – und in vielen Fällen bietet das Textatelier.com Abhilfe.
 
Muss ein gutes Wort auf der Himmelsleiter hochsteigen? Nach den ersten Sprossen fallen die meisten wieder auf die Erde zurück. Dort haben sie ihre Bleibe, nicht im Himmel.
 
Heilige Schriften haben die längste Lebensdauer. Es bleibe dahin gestellt, ob selbst sie nicht eines Tages verloren gehen.
 
In der Geschichte gehen viele Worte unter. Ein Bruchteil von ihnen wird viel später wieder ausgegraben und muss mühsam wieder entziffert werden wie Hieroglyphen, Runen, Sanskrit und viele andere totgesagte Sprachen.
 
Viele gute Worte gehen auch verloren, weil das Papier, auf dem sie geschrieben sind, vergilbt und vermodert. Kriege vernichten karrenweise wertvolles schriftliches Erbgut der Menschheit, wie vor kurzem im Irak geschehen.
 
Es liegt im Wesen des Menschen, sich irgendwie verewigen zu wollen. Der Wunsch, etwas zu hinterlassen, zeugt Kinder. Der Brief einer Mutter an ihr Kind ist ein liebevolles Zeugnis, das ihren Worten den Hauch des Unsterblichen verleiht und, wer weiss, in der Familienchronik aufbewahrt wird. Aber das sind doch eher Ausnahmen. Nach dem Todesfall in der Familie wird ausgeräumt. Dieser „Abfall“ eines Lebens gelangt über die Endstation, etwa im Flohmarkt, an solche, die darin etwas erkennen, das sammelwürdig ist, worunter viele Bücher und alte Zeitschriften. Darüber entscheidet der Zufall.
 
Ungeschminkte Aussagen zu Zeitproblemen wie auch unpopuläre Essays sind es wert, aufbewahrt zu werden, erst recht, wenn sie gut geschrieben sind, das Thema treffen und den Leser zum Nachdenken reizen. Hier springt das Blogatelier tatkräftig ein, das heute, am 25. Dezember 2005, genau 1 Jahr alt geworden ist. Alle Blogs sind jederzeit nachlesbar – 505 Tagebuchblätter sind bis heute erschienen. Diese reiche Sammlung ist ausserdem innerhalb eines Jahres zum Forum geworden, zur Bastion oder Schutzinsel für Autoren, die etwas auf dem Herzen haben. Leser, die Anteil nehmen, sind das grösste Glück, das einem Autoren widerfahren kann.
 
Das, so glaube ich, ist der springende Punkt: Scharfsinn, Herz und Anteilnahme als Einheit verstanden, die dem Wort Tragkraft geben. Die gängige Redensart „Abwechslung macht das Leben süss“ hat ein Mitspracherecht im Blogatelier. Schliesslich kann man nicht immer nur Probleme wälzen. Etwas Poesie und Prosa sind dazu da, uns Leser bei guter Laune zu erhalten. Sie befreien uns zeitweise aus dem Druck des Alltags und lassen uns aufatmen.
 
In diesem Sinn geht kein Wort verloren. Ihm genügt der rechte Augenblick. Es ist nicht auf die Dauer angewiesen. Das echte Wort ist bescheiden und macht anderen Platz im Neuen Jahr. Ich freue mich aufs Lesen und Schreiben.
 
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