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BLOG vom: 24.07.2011

Wie die religiöse Fliege im Alten Testament landete

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Der Titel „Die religiöse Fliege im Alten Testament“ flog mir zuerst auf Französisch zu: „La mouche réligieuse“. Was soll das bedeuten? Vielleicht wird daraus eine surrealistische Kaprize. So lasse ich meine Finger auf der Tastatur mir den Weg weisen.
*
Fliegen hinterlassen Fliegendreck und kreisen gern ums Deckenlicht herum, mit zackigen Kehrtwendungen in ihrem Paarungsritual. Das hat nichts mit Religion zu tun, es sei denn, eine Fliege verirre sich in einer Kirche. Und das geschah einer Fliege: Sie flog mitten in die Messe. Der Priester hob eben den Kelch mit dem Messewein. Die Fliege setzte sich auf den Kelchrand und tauchte ihren Rüssel in ein Tröpfchen Wein der Marke „Jesus Blut“. Mir wäre Bordeaux lieber gewesen.
 
Beschwipst flog die Fliege weg und wollte einen Rastplatz finden, um ihren Rausch auszuschlafen. Sie setzte sich im Alten Testament einer offen in der Hand eines Gläubigen gehaltenen Bibel, genau zwischen Adam und Eva. Der fromme Mann bemerkte sie und – oh Wunder – klappte die Bibel blitzschnell und heimtückisch mit mörderischer Absicht zu. „Erwischt!“ sagte er vernehmlich mitten im Gebet. Aber das war kein Wunder, denn die Fliege war ja betrunken.
 
Hier kann rechtens gesagt werden, dass aus der kommunen Stubenfliege eine religiöse Fliege in der Bibel geworden ist. Der Heilige Geist hatte gesehen, was der Fliege geschah und schmunzelte erfreut. „Schade nur, dass daraus nicht Sieben auf einen Schlag geworden sind“, murmelte er, ehe er sich wieder ins Gebet einfand.
 
Gewiss lässt sich daraus eine Lehre ziehen – ich weiss nur nicht, welche. Wie es kam, dass ein Theologe von diesem vermeintlichen Wunder erfuhr, darüber kann man sich nur wundern. Er befand, die zerquetsche Fliege sei ein Relikt und bestimmte ihr den gebührenden Wallfahrtsort bei einer Quelle zwischen den Vogesen und dem Schwarzwald. Er taufte diesen Ort „Die heilige Fliege auf dem Hafenkäse“ und „La sainte mouche sur le pot de fromage“.
 
Der Heilige Geist, der Theologe, nebenbei ein Jesuit, und ganz besonders auch die Fliege waren darüber sehr erfreut. Wie zu erwarten war, kam die Fliege in den Himmel und fliegt dort in ewiger Seligkeit rund um den Weinkelch.
 
Hinweis auf weitere Feuilletons von Emil Baschnonga
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13.02.2008: Valentinstag: Geheimnisvolles Paket, Edna gewidmet
24.12.2008: So oder so? Weihnachten mit oder ohne Magenbrennen
20.12.2007: Mutterseelenallein: Zeit der Weihnachtsvorbereitungen
15.12.2007: Glanzkohle: Die Geschichte vom beseelten Wunderstein
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15.08.2007: Netz der Verstrickungen: Der ungeliebte Unglücksrabe
02.08.2007: Die Tücken des Objekts – oder: Mensch, ärgere dich!
30.07.2007: Freude: Da flattert um die Quelle, die wechselnde Libelle
29.07.2007: Geist und Leben: Balsamtropfen fürs Filigrane in Gold
25.07.2007: Der Abschiedsbrief eines Vaters an seine beiden Söhne
14.07.2007: Reissaus genommen – Der wunde Punkt im Leben
21.06.2007: Allzu spät auf sie zugegangen: „Not here to be loved”
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16.09.2006: Ein Befreiungsschlag: Der Hamster im Gartenschuppen
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31.08.2006: Wirrwarr aus ineinander verschlungenen Büroklammern
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29.01.2006: Wie die grosse Liebe vom Rad fiel – oder in die Hand …
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06.10.2005: Le Passe-muraille: Luftschlösser sind gratis zu haben