Aus gesundheitlichen Gründen verzichte ich weitgehend auf Kaffee. Um ab und zu die Lust danach etwas zu besänftigen, trinke ich Bambu. Nun ist am Familientisch eine Diskussion entflammt: Instant-Kaffeearten seien wegen des Gefriertrocknens unbekömmlicher als Espresso. Und die Frage wurde aufgeworfen, ob denn so ein künstlich umstrukturiertes, in eine lösliche Form gebrachtes Getreide am Schluss noch als gesund bezeichnet werden könne. Die Antworten darauf haben wir nicht gefunden, und so richten wir diese Frage an Sie: Wie wird Bambu hergestellt, was sind seine Inhaltsstoffe und ist er vergleichsweise für den Organismus gesünder als Kaffee respektive Instant-Kaffee?
Anita Matthäus, CH-3132 Riggisberg
Antwort: Manchmal ist es nötig, ein Naturprodukt zu verändern, um es einem höheren Genusswert entgegenzuführen. Geröstete Kartoffeln zum Beispiel sind bekömmlicher als rohe... Kakaofrüchte können frisch ab Baum genossen werden in Form von Schokolade sind sie kaum noch wiederzuerkennen. Teeblätter kann man grün zubereiten oder vorher fermentieren. Kaffeebohnen muss man rösten, wenn man einen wohlschmeckenden Kaffee zubereiten will, und so ist es auch bei Getreide, Zichorien usf., wenn daraus ein Kaffee-Ersatz entstehen soll.
Der von Ihnen erwähnte Bambu-Getreide- und Fruchtkaffee wird von der Firma Bioforce AG, CH - 9325 Roggwil TG, produziert. Er besteht laut Firmenangaben aus einem Extrakt aus Zichorien, Feigen, Weizen, gemälzter Gerste und Eicheln, die alle aus kontrolliert biologischem Anbau stammen. Dank der Rohstoffe aus chemiefreiem Anbau und der idealen Zusammensetzung weist Bambu ein angenehmes Aroma auf. Dieser Ersatzkaffee enthält vor allem wegen des Zusatzes von gekeimten und gedarrten Eicheln Bitterstoffe, welche die Leber günstig beeinflussen. Er beeinträchtigt den Schlaf nicht und schont Herz sowie Nerven. Das Pulver kann auch für Süssspeisen und Backwaren verwendet werden.
Ersatz-Kaffee-Arten haben trotz ihrer guten Eigenschaften im Allgemeinen kein hohes Ansehen, was aller Wahrscheinlichkeit nach darauf zurückzuführen ist, dass vor allem in Kriegszeiten nach einem Ersatz für die echten Kaffeebohnen gesucht wurde, weil letztere nicht mehr zu beschaffen waren oder aber nur zu einem überhöhten Preis. Kaffee war lange ein Luxusgetränk, das sich nur die Wohlhabenden leisten konnten. Deshalb wurde schon im 17. Jahrhundert versucht, Kaffee aus Kastanien, Nüssen, Bohnen, Erbsen, Getreide, Brot, Reis, Bucheckern, Mandeln, Kichererbsen, Feigen, Datteln, Mais, verschiedenen Kräutern und Beeren und Mischungen aus diesem Sortiment herzustellen. In Frankreich wurde der Kaffee sogar mit Tonerde gestreckt. Solcher "falscher Kaffee" wurde mocca faux genannt, woraus das deutsche Wort Muckefuck entstanden ist. Hans Fallada (1893-1947) schrieb im 1934 entstandenen Roman "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst": "Übrigens ist der Kaffee nur Muckefuck und die Butter nur Margarine"...
Mit der Herstellung von Zichorienkaffee begann Gottlieb Förster mit der Erlaubnis von König Friedrich II. um 1770. Die gerösteten und in einem Mörster zerriebenen Wurzeln der Wegwarte (Cichorium intybus) lieferten ein braunes Pulver, wie es im Prinzip noch heute als "Franck Aroma" im Handel ist, das z.B. den Milchkaffee schön abrundet. Daneben sind viele andere Getreide- oder Zichorienkaffeesorten auf den Markt gebracht worden, so etwa Kathreiner's Kneipp-Malzkaffee, Virgo, Yannoh oder eben Bambu. Alle haben ihre Anhänger, und manch einer kann solche verschiedenartig schmeckenden Getränke auch einmal der guten Abwechslung halber schlürfen.
Aber es gibt durchaus auch andere Gründe gesundheitliche nämlich , um den Kaffee (gelegentlich) zu ersetzen. Der normale Kaffee ist ein sehr wirkungsvolles, nicht allen Leuten zuträgliches Getränk. So fördert er die Diurese, das heisst es wird nach seinem Genuss vermehrt Harn ausgeschieden, weshalb man zum Kaffee eigentlich immer auch Wasser trinken sollte. Er ist zudem ein starkes Reizgift und kann zum Suchtmittel werden. Er belebt, peitscht auf, und ein ständig aufgepeitschtes Nervensystem erschöpft sich rasch und kann am Ende auf feine Reize kaum noch reagieren. Weil diese Anregung nicht immer gefragt ist, vor allem abends, kam es dann, wie beim berühmten "Kaffee Hag", zur Reduktion des Koffeinanteils; nur noch ein Rest davon (maximal 0,3%) durfte vorhanden sein. Man sieht: Kaffee war schon immer ein Element der lebensmitteltechnologischen Manipulationen.
Dazu gehört neben dem Rösten, diesem chemisch einschneidendsten Eingriff, das Gefriertrocknen des wasserlöslichen Sofortkaffees. Das verändert die Grundprodukte kaum mehr wesentlich; auch der Aromaverlust ist bescheiden. Das Pulver wird zuerst tiefgefroren. Unter Vakuum und Wärmezufuhr verdampft das Eis bei zirka -25°C, ohne vorher geschmolzen zu sein. Das trockene Pulver kann dann ohne Kühlung (luftdicht verschlossen) aufbewahrt werden. Dasselbe bewährte Verfahren wird auch für Tee, Kräuter usf. angewandt.
Kaffee hat seine Tücken: Er trägt zur Übersäuerung des Körpers bei; er entwickelt ähnlich wirkende Purine wie Fleischspeisen, was gerade für Menschen, die für rheumatische Erkrankungen anfällig sind, verhängnisvoll sein kann. Anderseits ist er ein Genussmittel, und das Geniessen ist ein Stück Lebensqualität, ein Beitrag zur Lebensfreude. So sollte das Kaffeetrinken in einem vernünftigen Ausmass erfolgen und nicht zur Gewohnheit werden. Man sollte die individuellen Reaktionen auf den Kaffeegenuss (unter Einbezug der verschiedenen Qualitäten und Zubereitungsarten) genau beobachten und gelegentlich auf einen guten Kaffeersatz umstellen und ebenfalls wieder beobachten.
Alles in allem wird die Gesundheitsbilanz Kaffee Bambu, nach der Sie gefragt haben, zweifellos zugunsten des Bambu ausfallen. Doch müssen auch andere Qualitäten in Rechnung gestellt werden; denn man kann ja auch nicht Telefonstangen und Klapperschlangen vergleichen, nur weil das Wort ähnlich tönt. Und zudem kommt es auf die persönlichen Vorlieben und Beschaffenheiten an. Sich darüber einiges an Wissen anzueignen, hilft mit, die richtige Entscheidung bei der gegebenen Gelegenheit zu treffen. Und wer schon sündigt, der sollte es wenigstens mit gutem Gewissen tun.
wh.
Ode an den Milchkaffee Zum Dessert ist ein konzentrierter Kaffee im Espressostil richtig. Doch kann Kaffee auch das Hauptgetränk zu einem Essen sein, beispielsweise zu einer Frühstücks-Rösti am Sonntagmorgen, zu Maluns (Bündner Kartoffelgericht) und sogar zu Ziegerhörnli. Das darf verständlicherweise nicht eine grössere Menge eines konzentrierten, starken Kaffees sein das würde zu sehr aufpeitschen und den Körper übersäuern. In solchen delikaten Fällen drängt sich eine grosse Tasse Milchkaffee gebieterisch auf. Um den Kaffeeanteil zu reduzieren und das Getränk geschmacklich abzurunden, ist die Verwendung eines individuell bestimmten Anteils eines Kaffeezusatzes wie zum Beispiel von Franck Aroma angezeigt. Daraus ergibt sich gerade noch eine wohltuende Wirkung auf einige Innereien (Leber, Galle). Man bereitet sich eine gehörige Tasse voll von einem bekömmlichen und abgerundet schmeckenden Getränk zu, in dem das Fett einer guten Milch die Röstaromen des Kaffees zum Aufblühen bringen. Die Zubereitung des Milchkaffees kann nach persönlichem Geschmack erfolgen: ob aufgegossen, durch den Filter oder mit Hilfe einer Kaffeemaschine jede Art liefert ihr spezielles Resultat. Dem individuellen Gutdünken kann auch überlassen bleiben, ob man einen der oben erwähnten Ersatzkaffees mit oder ohne Zichorien oder aber seine persönliche Kaffee-Mischung verwenden will auch Abwechslung und Experimente sind schliesslich nicht verboten. Zu meinen persönlichen Sonntagsmorgen-Vergnügungen gehört die Zubereitung einer urchigen Chäsrösti (Käserösti), die in der Schlussphase vor dem Fertigbraten noch mit einem kleinen "Gutsch" (Spritzer) Milch versehen wird. Damit ist auch der Bezug zum Milchkaffee geschaffen. Dieser Kaffee wird in einer Tasse mit grossem Durchmesser serviert. Die nach Zwiebeln, Käse und Kartoffeln duftende Rösti wird aus einem Suppenlöffel gegessen. Das geht so: Der mit Rösti gefüllte Löffel wird so weit in die Milchkaffeetasse getaucht, dass etwas Kaffee die Löffelränder überfliesst und sich mit der Rösti vereinigt. Ein erfreulicher Anblick sind auch die Fettaugen, die ab jetzt auf dem Kaffee schwimmen und voller Zuversicht in den jungen Tag blicken. Dann zieht man die kaffeearomatisierte Rösti genüsslich und schlürfend ein, falls Leute am Tisch sind, die ebenfalls einen Sinn für höchste Formen von Lebensqualität entwickelt haben und sich auch am nachfolgenden Schmatzen nicht stören, sondern dies wie Musik empfinden und sich daran zu freuen verstehen. Die Frühstücks-Gesellschaft muss Stil haben um es auf einen einfachen Nenner zu bringen. In meiner Familie gab und gibt es für den Milchkaffee spezielle mit Bauernmalereien verzierte Schlurzitassen mit grossem Durchmesser; dieses Schlurzen ist der Mundartausdruck für Schlürfen, ein schweizerdeutsches Wort voller Atmosphäre. Man sollte auf das Schlurzen von Milchkaffee mit den Begleitgerichten allein schon deshalb nicht verzichten, damit dieser Mundartausdruck erhalten bleibt. Der Kulturgüterschutz muss sich schliesslich auch auf die Sprache, den Milchkaffee und sein Umfeld erstrecken. Walter Hess |
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